Das Märchen vom Teppichklopfer, der keine Teppiche ausklopfen mochte

a/n: Heute mal etwas ganz Anderes von mir, die Idee kam ganz spontan während ich mich mit einer ganz besonderen Person ausgetauscht habe. Ich hoffe, es gefällt, obwohl es etwas ungewöhnlich ist.


Es war einmal ein Korbmacher, der war dafür bekannt, die kunstvollsten Dinge aus Weidenruten herstellen zu können. Er war ein Hausierer, zog von Ort zu Ort um seine Ware feilzubieten und eine jede Stadt, die er besuchte, erfreute sich an den hübschen Besonderheiten, die seine geschickten Hände hergestellt hatten. Da gab es Körbe in allen Größen und Formen, Möbelstücke von Sesseln bis zu ganzen Tischen. Baute er seine Waren in eine Stadt auf, kam ein jeder, um die schönen Dinge zu betrachten . Nicht selten ging er mit leeren Händen, doch einem gut gefüllten Sack voll Gold.

Eines Tages, der Kaufmann hatte für das Frühjahr eine kleine Werkstatt bezogen, war es so weit, die Weidenzweige waren geschält, gewässert, gehobelt und bereit, zu einem neuen, kleinen Kunstwerk zu werden. Ein Teppichklopfer sollte es sein, denn diese gingen ihm nur allzu leicht von der Hand. Auch waren sie beliebt und wurden rasch gekauft. Summend machte sich der Korbmacher frisch ans Werk, bog Rute um Rute in einer Vorrichtung zurecht, flocht kunstvoll ineinander, was er als stabil und passend erachtete. Er ließ sich Zeit, denn gut Ding will Weile haben und am Abend hielt er einen nicht allzu großen, recht hübschen Klopfer in den Händen.


Der Klopfer selbst erstaunte sich über die Welt und die Dinge, die er zu sehen bekam. Der Mann, die Werkstatt, das alles war neu für ihn und wirkte aufregend. Solange jedoch nur bis er schon am nächsten Tage mit auf den Markt genommen wurde. Das war nun kein Vergleich zu der schmutzigen alten Stube, in der er zur Welt gekommen war. Wie viele Farben und Menschen es hier doch zu sehen gab! Welch liebliche Düfte, welch zarte Mägdelein. Dem Teppichklopfer wurde ganz anders vor lauter schönen Dingen.

Und so schnell er auf die Welt gekommen war, so schnell war er auch schon verkauft. An eine einfache Bauersfrau mit kräftigen Schultern, für ein paar Taler. Als sie ihn nach Hause brachte, war er noch frohen Mutes. Dann plötzlich wurde er in einen dunklen Schrank gehängt, gerade an seinem Kopfe und die Tür wurde zugemacht. Das missfiel dem Teppichklopfer doch sehr, war er doch zu Höherem bestimmt und wollte von der bunten Welt dort draußen noch viel mehr sehen.

Am nächsten Tage holte ihn die Bauersfrau auch schon wieder hervor, aber ach! Hätte er doch gewusst, welche Schmach ihm drohte, er wäre lieber im Schrank geblieben. Wie er so durch die Luft flog, das war ja noch ganz spaßig, doch dann traf er mit Wucht auf dieses staubige Ding, wieder und wieder. Dreck wirbelte auf, sodass dem Klopfer Hören und Sehen verging. Und bald verstand er, dass er wohl zu diesem Zwecke auf die Welt gebracht worden war. Sein Dasein fristete er im dunklen Schrank und wenn er heraus geholt wurde, dann um diese schmutzigen Teppiche zu säubern. Einzig freute er sich, wenn nicht die Bäuerin selbst sondern ihre gar liebliche Tochter die Teppiche ausklopfte. Sie war schön und fromm und wirbelte längst nicht so viel Staub auf. Doch sie schien es der Bäuerin nicht ordentlich genug zu machen und so bekam er das schöne Mädchen nur wenig zu Gesicht.

Doch eines Tages, da näherte sich die Bauersfrau dem Schrank schnellen Schrittes. Als sie die Tür aufriss, sah der Teppichklopfer, dass sie das Mädchen am Schlawittchen gepackt hatte.

„Nun reicht es mir aber mit deiner Faulheit! Von nun an werden andere Saiten aufgezogen!“ Mit diesen Worten wurde er am Stiel gepackt und aus dem Schrank gezerrt.

„Mutter, bitte nicht! Ich werde gut sein!“, beschwor das Mädchen, doch wurde sie wieder zurück in die Stube geschleift und über einen Schemel gelegt.

„Das wirst du, wenn der Klopfer sein Werk verrichtet hat! Und nun zieh deine Röcke hoch!“

Der Klopfer fragte sich ganz erstaunt, welches Werk das wohl sein würde, während das hübsche Mädchen unter Jammern und Klagen ihre Röcke hochraffte, bis ihr nacktes, weißes Hinterteil schön drapiert vor seiner Mutter und dem Klopfer lag.

„Still jetzt! Ich gebe dir schon einen Grund zum Jammern, du ungehorsames Ding!“ Mit diesen Worten ließ die Bauersfrau den Teppichklopfer das erste Mal auf die Kehrseite ihres Töchterchens niedergehen. So ein schönes Ziel hatte der Klopfer noch niemals gehabt. Und die Bauersfrau fackelte auch nicht lange, tüchtig und ohne zu zaudern klopfte sie den Hintern des Mädchens aus. Das war nun eine ganz andere Sache, als staubige Teppiche zu klopfen. Von Mal zu Mal wurde die zuvor weiße Haut heißer und roter und ein gar liebliches Muster bildete sich auf der getroffenen Fläche. Dem Klopfer war es ein wahres Vergnügen. Wie das Mädchen sich wand und jammerte, bettelte und schließlich sogar schrie, wie ihre Mutter unbeirrt weitermachte und dabei ordentlich schimpfte, das war genau das Abenteuer, nach dem er sich all die Zeit in dem alten Schrank gesehnt hatte.

„Ja, davon kannst du noch sehr viel mehr haben, wenn du gar so ungezogen bist, mein Kind!“, drohte die Mutter und der Teppichklopfer zischte fröhlich auf die Erziehungsfläche. „Das scheint ja nun endlich zu dir durchzudringen, der kleine Klopfer wird mir gut zur Hand gehen, wenn du mir zu faul und zu frech wirst!“

Die Beteuerungen und Entschuldigungen der armen Tochter schienen dabei auf taube Ohren zu stoßen, sowohl bei dem Klopfer, der viel zu viel Freude an diesem netten Spiel hatte, als auch bei der Mutter, die alle Kraft und Bemühungen einsetzte, dass diese Lektion sich auch wirklich einpräge.

Als sich schließlich die Rundungen ihrer Tochter tiefrot geprügelt und hübsch ausgeklopft vor der Bäuerin präsentierten, schien es ihr genug. Sie befahl der Gestraften aufzustehen und drückte ihr den Klopfer in die Hand.
„Wag es nicht ihn zu verstecken, sonst gnade dir Gott! Bring ihn nur zurück. Wir brauchen diesen kleinen Klopfer sicherlich bald wieder.“

Dem Teppichklopfer hüpfte das Herz höher als er diese Worte vernahm. Zu seinem Glück hielt die Bauersfrau ihr Versprechen. Oft wurde er aus dem Schrank geholt und musste Teppiche klopfen, doch diese lästige Aufgabe tat er nun ohne zu murren, weil er wusste, dass er alle paar Wochen wieder auf dem blanken Hinterteil der ungezogenen Bauerstochter tanzen durfte. Und das stets so gründlich wie beim ersten Mal, bis zu einer hübschen roten Farbe und viel Gekreische. Das war ein vergnügliches Leben für einen einfachen Teppichklopfer wie ihn.

Als er in die Jahre kam, da wurde es still um ihn, die Bauersfrau wurde älter, das Mädchen gebar selbst ein Töchterchen und lebte mit ihrem Mann bei ihrer Mutter im Hause. Teppiche klopfte er, durchaus, doch mehr geschah nicht. Nur das Mädchen wuchs heran und wurde so schön wie einst ihre Mutter. Da wurde er eines Tages aus dem Schrank geholt und das einstige Bauernmädchen sagte zu ihrer Tochter „Und das hast du nun von deinen frechen Lügen! Hoch mit den Röcken, nun bekommst du eine Lektion, die du so schnell nicht mehr vergisst!“

Und das, dachte der Teppichklopfer im Stillen vergnügt, wusste sie ja schließlich besser zu bewerten als jeder andere.

Ende

14 Kommentare zu „Das Märchen vom Teppichklopfer, der keine Teppiche ausklopfen mochte

  1. Wieder mal Kompliment, liebe Autorin!
    Wieder mal was ganz neues und was
    ganz gutes! Du bist ja wirklich ein
    Ausbund von Kreativität. Dabei wollen
    wir dahinstehen lassen, ob die die
    Idee zu dieser Story gekommen ist
    bei einem Gespräch über Teppichsäuberung oder bei einem
    Gespräch über die Züchtigung von
    Ungehorsamen jungen Damen.
    Und was ich sehr anregend fand:
    Wenn Mütter bei der Erziehung ihrer
    Töchter auf intensive Erfahrungen aus
    Ihrer eigenen Jugend zurückgreifen…
    Also Autorin, mach bitte so weiter.

    Lorenzen

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    1. Hallo Lorenzen,

      Das Kompliment nehme ich erst einmal wirklich sehr gerne an! Natürlich hab ich mich ganz sachlich über Teppichsäuberung im Allgemeinen unterhalten, versteht sich ja von selbst 😉

      Die Tochter wird auf jeden Fall wissen, wie weh der Klopfer tut und welche Wirkung er erzeugt.

      Ich werd mir weiterhin Mühe geben!

      Lg,
      rbg

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  2. Hey rbg,

    das ist wirklich eine süße Geschichte. Ich kann mich richtig in den Teppichklopfer hineinversetzen, der über Generationen die versohlten Hintern der Frauen kennt und immer wieder erleben muss wie es die noch vor 10 Jahren Verhauene nun mit ihrer Tochter gleich tut.
    Wie oft er wohl schon hören musste, während er einen Hintern bearbeitete: „Das werde ich meiner Tochter niemals antun.“ Und doch passiert es dann immer wieder und ein frischer Po muss sich ihm darbieten.

    Herrliche Geschichte, vielen Dank!

    Grüße
    J

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    1. Hi J,

      Süß, ja? Na gut irgendwo vielleicht schon 😀 Ganz bestimmt wird sich die gerade versohlte das in dem Moment vornehmen, aber grau ist ja bekanntlich alle Theorie und wenn sie weiß wie wirkungsvoll die Strafe ist…

      Freut mich, dass diese kleine außergewöhnliche Geschichte auch dir gefallen hat!

      Glg, rbg

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  3. Also herzliche Gratulation dazu!

    Das Märchen klingt wirklich wie ein echtes Märchen. Die Zeit, das Setting und die Sprache stimmen perfekt. Die Idee, des personifizierten Teppichklopfers ist großartig und sehr kreativ.
    Und auch die alten Märchen waren ja durchwegs oft nicht zimperlich, da ist ein Povoll nicht einmal überzogen im Verhältnis. Und obwohl es richtig etwas setzt, klingt es immer noch nach einem schönen Märchen.

    Ich denke „schön“ ist die Bezeichnung, die mir dazu einfällt, ein „schön“, das jedoch nicht oberflächlich klingen soll, sondern so, wie es ursprünglich gemeint war.

    Es ist wirklich schön zu lesen, mit einem ordentlichen Maß an Aufregung dazu.

    Danke dafür, so was habe ich noch nie gelsesen, ein Riesenkompliment!

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    1. Hi Robbie,

      Ja, das war auch meine Absicht, das wirklich so authentisch wie möglich zu gestalten. Da kommt mir ganz bestimmt zugute dass ich schon so viele Märchen gelesen und gehört habe 😉
      Dass Gegenstände in Märchen auch ein Eigenleben hatten war ja mindestens bei Hans Christian Andersen nichts Ungewöhnliches, daher die Idee.
      Ich nehme das „schön“ gerne als Kompliment entgegen und freue mich, wenn es eine schöne Atmosphäre schaffen konnte. Und zimperlich waren die echt nicht! Letztens erst habe ich wieder eines gehört, da wurde einem Mädchen täglich mit Prügel gedroht. Weiß allerdings nicht ob die dann so ausgesehen hätten wie in meinem Märchen 😉

      Danke für deinen Kommentar und das Kompliment,
      rbg

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  4. Eine großartige Idee und sehr schöne Umsetzung!
    Fast ist man versucht in Gedanken den Satz zu formulieren: „und wenn er nicht zerbrochen ist dann klopft er auch noch heute“ 😉

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    1. Dankeschön, das höre ich gerne! Freut mich, dass es so gut ankommt.
      Haha, der ist gut, auf den wäre ich gerne selbst gekommen! 😉 So ein Teppichklopfer von damals ist ja bestimmt sehr solide und vielleicht klopft er ja wirklich noch bis heute! 😀

      Glg.
      rbg

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  5. Ich kann mich den anderen Kommentaren nur anschließen: Ja, mal etwas ganz anderes, aber höchst vergnüglich zu lesen. Und – wie Du schon feststelltest – andere Märchen sind viel grausamer.

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  6. Den Teppichklopfer kennt mein Hinterteil wohl wie kein anderer! Wenn ich als Kind was angestellt hatte oder nicht gehört habe kriegte ich von meiner Mutter überm Sessel jedesmal so den nackten Hintern voll, dass ich noch tagelang was davon hatte!
    Heute fehlt er mir sehr!

    Rüdiger

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  7. ich finde das total klasse, habe etwas ähnliches mal mit einem Siebenstriemer, Klopfpeitsche oder auch Martinet geschrieben. Der Arme brauchte aber wenigstens nicht an die „normalen“ Teppiche, weil er war ja was besonderes und wurde zum „ausklopfen“ der Offiziersuniform benutzt. Finde diese Fantasie Geschichten immer klasse könnte man auch gut in die Schöne und das Biest einbauen. Na wie wäre es als nächstes Märchen?
    Vielleicht der Gehstock, oder der alte Kochlöffel… es gibt noch viele verschiedene Möglichkeiten.

    Aber es war wieder sehr kurzweilig und schön.

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  8. War einmal dabei als mein Cousin von seinem Vater mit dem Siebenstriemer überm Sessel den Nackten Arsch voll gekriegt hat….. Der hat gejault in den höchsten Tönen!

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  9. Ich habe auch schon Mal vor vielen Jahren ein Märchen über den Teppichklopfer geschrieben. Auch inspiriert von einem Märchen von Andersen. Aber meines hat am Schlu0 traurig geendet.

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