Schreibwettbewerb Halloween Geschichte 4: Jäger und Gejagte (Autorin: Fulvia)

Die Nacht war erfüllt von Schmerz. Er gehörte ebenso zu der Nacht wie der kalte Wind, der draußen durch das Geäst der Bäume fuhr. Er gehörte einer Frau, deren Begleiter er war wie ein unsichtbarer Schatten. Seine offensichtliche Facette war der helle Schmerz, wenn der Gürtel auftraf. Wie ein Blitz fuhr dieser über die schnellen Nervenfasern in Sekundenbruchteilen in ihr Gehirn, bevor sie den Aufprall überhaupt registriert hatte. Der helle Schmerz war gefolgt von einem dumpfen, langsameren Schmerz, der sehr viel länger anhielt. Aber während auch dieser körperliche Schmerz verging, gab es noch eine andere, viel tiefere Ebene des Schmerzes.

Für William Theodore Kane III. bedeutete ihr Schmerz Genugtung und Triumpf. Heute Morgen noch hätte er sich nicht vorstellen können, dass der Tag seines Sieges derart durchkreuzt werden würde. Er hatte wie immer nach dem Aufstehen eine Stunde trainiert und eine eiskalte Dusche genommen. Maskuline Gesichtszüge vervollständigten die Ausstrahlung seines muskulösen Körpers. Er legte Wert auf ein makelloses Äußeres und Frauen fanden ihn attraktiv. Was ihn nicht besonders interessierte. Für ihn waren sie nur Spielzeuge, geschaffen seine Lust zu befriedigen und ihm zu huldigen. Ein Mann wie er nahm sich einfach was ihm zustand.

Sein Foto machte sich gut auf Wahlplakaten und Pressekonferenzen. In einem marineblaunen Anzug mit blütenweißem Hemd und dunkelroter Krawatte entsprach seine Erscheinung der des aufstrebenden, erfolgreichen Anklägers. Mit seinen 30 Jahren wurde er bereits als Kandidat für die höchsten Ämter gehandelt. Nicht zuletzt seine natürliche Dominanz trug zusammen mit seiner beeindruckende Verurteilungsquote dazu bei. William hatte noch nie einen Mordprozess verloren und wartete immer mit überzeugenden Beweisen auf. Seine Schlussplädoyers waren berühmt dafür, alle Anwesenden das Grauen der Morde nachempfinden zu lassen. 

Er genoss nichts mehr als den unumkehrlichen Sieg. Heute wäre es wieder soweit gewesen. Der Abend vor Allerheiligen war ihm als perfekter Zeitpunkt vorgekommen. Bereits am Vortag war der Verurteilte an die Huntville Unit überstellt worden. William hatte genau gewusst, dass der Mann unschuldig war. Man könnte denken, für seine Karriere gehe er über Leichen. In Wahrheit war genau diese Macht über Leben und Tod der Grund, warum er seinen Job so liebte.

William hatte noch die Bewunderung seiner Kollegen im Büro genossen als Paul Unwin zu dem Kreis getreten war. Paul war ebenfalls Mitarbeiter des Attorney General, Anhänger eines strengen Workouts und hatte den gleichen Schneider wie William. Aber ihm fehlte die natürliche Dominanz, die William so erfolgreich machte. Paul war gesichtslos und würde daher beim Griff nach der Macht scheitern. „Schlechte Nachrichten, Kane. Die Hinrichtung wurde ausgesetzt. Offenbar gibt es neue Erkenntnisse.“ Diese Worte klingelten in seinen Ohren, während er erneut ausholte. Ein weiteres Mal klatschte sein Ledergürtel auf ihren Hintern und zeichnete dort eine weitere Strieme. Sie würde es bereuen seine Pläne durchkreuzt zu haben!

Im Büro seines obersten Vorgesetzten hatte er zum ersten Mal mit ihr gesprochen. Der Attorney General für Texas, Mr. Ernest Burkitt, hatte hinter dem Eichenschreibtisch in der Mitte seines verschwenderisch ausgestatteten Büros gesessen. Die üblichen Speichellecker in dessen Rücken hatte William ignoriert, jedoch sofort ehrerbietig den Governor, der ebenfalls anwesend war und mit einem Glas voller bernsteinfarbener Flüssigkeit aus dem Fenster schaute, begrüßt. Zwei grauhaarige Herren in den langweiligen, schlecht geschnittenen Anzügen von Regierungsbediensteten hatten sich ihm als Anglesey und Samhain vom State Department vorgestellt. 

Die explosionsgeladene Atmosphäre war mit Händen greifbar gewesen. Unbeeindruckt von all dem Trubel hatte Diane im Lesesessel einen Tässchen grünen Tees genossen. Die hübsche Profilerin mit den Rehaugen sah zwar aus als könne sie keiner Fliege ein Haar krümmen, war jedoch eine Legende. Kane hatte noch nie eine Frau mit so einer ruhigen, machtvollen Ausstrahlung erlebt: Ihre perfekten weißen Zähne, die samtigen schwarzen Haare, das ebenmäßige Gesicht, der geschmackvolle helle Jumpsuit unter dem sich ihre fein definierten Muskeln abzeichneten, das exquisite Parfüm und die handgefertigten Lederschuhe. Ihr feiner französischer Akzent vervollständigte das elegante Auftreten. Sie hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht ihre Titel zu erwähnen – neben ihrer Professur für Kriminalpsychologie führte sie mehrere Doktortitel und war als stellvertretene Direktorin des United Nations Bureau on Violet Felony and War Crimes und Leiterin der Verhaltensanalyseeinheit die graue Eminenz hinter den zentimeterdicken Panzerglasfenstern der geheimnisumwitterten Behörde. 

Es gehörte einiges dazu in Texas eine Hinrichtung aufzuhalten – und mühelos war ihr dieses Kunststück gelungen. Sowohl der Governor als auch Mr. Burkitt hatten ihre Wut kaum unterdrücken können und mit ihrer Macht gedroht. Ein mädchenhaftes Grinsen hatte Dianes aristokratischen Gesichtszügen für einen Monent eine freche Note gegeben. Nur ihre Augen ließen weiterhin eine Weisheit erkennen, der weit über ihre 33 Jahre hinausging: „Ein kleiner Rat – wer über Macht spricht hat keine.“ Lässig hatte sie die Beine übereinander geschlagen und amüsiert zugesehen wie die beiden fast an die Decke gegangen waren.

William fragte sich was ihr Plan war. Agent Anglesey hatte irgendeine wirre Geschichte von einem sadistischen Hexer-Clan erzählt, der in Wahrheit hinter den Morden steckte und deren Mitglieder glaubten damit dem Teufel die Weltherrschaft zu ermöglichen. Und in der heutigen Nacht sollte das große Werk beendet werden. „Was ist ihr Plan?“, hatte er gefragt. „Den Täter zu fassen“, hatte sie mit nachsichtig erhobener Augenbraue geantwortet und das Büro gefolgt von ihrer Entourage mit melancholischer Gelassenheit verlassen.

Agent Samhain hatte William informiert, dass er Diane zu der Versammlung des Clans begleiten sollte. Sie würde ihn bei Sonnenuntergang am Haupteingang des Oakwood Cemetery treffen. Der Governor hatte ob der Tatsache, dass sie ihn vollkommen ignoriert hatte spachlos am Fenster dabei zugesehen, wie ihre Wagenkolonne davongebraust war.  

William hatte sich Zuhause einen Abendanzug angezogen und eine gesichtslose weiße Maske aufgesetzt. Ein schwarzer Spazierstock mit silbernem Knauf vervollständige seine Aufmachung. Ein Dienstwagen hatte ihn die ganze Strecke bis zum Friedhof gebracht, vorbei an geschnitzten Kürbissen und verkleideten, lärmenden Kinderbanden. William war zum Haupteingang gegangen, wo Diane ihn alleine erwartet hatte.

Sie trug ein passendes schwarzes Abendkleid, aber eine sehr viel aufwendigere venezianische Maske, an deren Wange eine Träne, die durch einen Saphir dargestellt wurde, hinunterrann. Gemeinsam waren sie über einen verschlungenene Weg hin zu einem unbekannten, uralten Teil des Friedhofs gegangen. Nur wenige Laternen erhellten die sternenklare Nacht. Die Stille wurde nur vom Heulen des Windes unterbrochen.

Mehrere Dutzend ganz in schwarz gekleidete Gestalten hatten sich bereits versammelt. Alle anderen Anwesenden waren ebenfalls maskiert gewesen. Fackeln warfen ein flackerndes Licht auf die Szene. Der Zeremonienmeister war auf Diane zugetreten und hatte von ihr den Beweis verlangt eine wahre Adeptin zu sein und der irdischen Welt zu entsagen. Diane hatte unter ihrer Maske schlucken müssen als die kalte Stimme des Mannes sie aufgeforderte hatte ihr Kleid zu raffen und sich vorzubeugen. Dann hatte er Kane einen schweren Gürtel in die Hand gedrückt. „Was nötig ist.“

William hatte den Anblick der kleinen, festen Pobacken, die von dem spitzenverzierten String freigelassen wurden genossen. „Angst?“, hatte er leise gefragt. Sie hatte eingeschüchtert genickt. „Gut, die solltest du auch haben.“ Und dann hatte er begonnen, sie ohne Gnade mit voller Wucht zu versohlen. So wütend er gewesen war, dass sie ihm in die Quere gekommen war, so sehr genoss er nun seine Rache. 

Immer wieder klatschte der schwere Gürtel auf ihren Hintern, der sich zusehends rot einfärbte. Noch hielt sie komplett still, aber Kane hatte auch nicht erwartet, so eine Frau schnell brechen zu können. Aber er war entschlossen nicht eher aufzuhören, bis der Schmerz sie überwältigte. So überlegen sie sonst allen war, nun würde sie ihren wahren Platz kennen lernen!

Er platzierte in schneller Folge einige Schläge auf ihrem Poansatz und langsam kam Bewegung in sie. Immer wieder zuckte ein Fuß hoch, was Kane nur weiter anspornte. Mit seiner linken Hand hielt er sie in Position während er mit der rechten mit dem Gürtel immer wieder ausholte. „Halt still, sonst kommt das Höschen runter.“ Danach hielt sie eine Weile still, so dass er wieder stärker ausholen konnte. Nachdem er ein gutes Dutzend weiterer Striemen auf ihren Hintern gezeichnet hatte, kam jedoch wieder Bewegung in sie.

Kane schob seine kräftigen Hände in den Bund ihres Höschens. „Nein, bitte nicht“, flehte Diane ihn mit brüchiger Stimme an ihr das letzte bisschen Würde zu lassen. Kane zögerte, um sie in Sicherheit zu wiegen und zog ihr dann ihren String mit einer ruckartigen Bewegung herunter. Sie keuchte panisch auf. „Das ist erst der Anfang“, flüsterte er. Er wollte, dass sie die ganze Kälte in seiner Stimme spürte. Dass sie wusste, dass er keine Gnade haben würde. Dass sie ihm völlig ausgeliefert war.

Er begann erneut kräftig den Gürtel auf ihre bereits dunkelroten Backen knallen zu lassen. Neben dem Heulen des Windes wurde die Stille nur von dem regelmäßige Klatschen unterbrochen. Fasziniert beobachteten alle Anwesenden das Schauspiel, was sich ihnen bot. Nun mischte sich auch ihr leisen Schluchzen zu den Geräuschen des Windes und des Gürtels. Unter ihrer Maske quollen die ersten Tränen hervor. Die Lektion begann also Wirkung zu zeigen! 

Für Diane bedeutet der Schmerz eine süße Erinnerung. Jeder Hieb erinnerte sie daran wie glücklich sie gewesen war. Ein frecher Wildfang, der fröhlich die Welt erkundete. Mit jedem Schlag sog sie erneut einen längst verblassten Geruch ein. Mit jeder Strieme hörte sie die sanfte Stimme, in der so viel Liebe und Witz gelegen hatte und die viel zu lange verstummt war. Mit jedem lauten Klatschen erinnerte sie sich an die Augen, die für immer geschossen bleiben würden. Ihr ganze Leben hätte sie sich in diesen Augen verlieren können.

Aus reiner Gewohnheit begann sie etwas zu zappeln. Nicht, dass der Schmerz unerträglich gewesen wäre. Körperlicher Schmerz hatte keine Macht über sie. Aber es gefiel ihr sich wie der kleine Frechsdachs von früher zu fühlen. Nur mit Mühe konnte sie ein Kichern unterdrücken. Aber sie musste in ihrer Rolle bleiben. Ihre Reaktionen, von Stoizismus zu Zappeln bis hin zur Verzweiflung waren wohl kalkuliert. Sie musste die Verzweiflung nicht spielen. Der körperliche Schmerz erinnerte sie an den tiefen Schmerz ihrer Seele und ließen die Tränen über eine Wangen fließen.

Für die Jägerin bedeutet der Schmerz wahre Macht. Ihre stochastischen Analysen hatten bereits vor einiger Zeit aufgedeckt, dass in Texas ein Mörder sein Unwesen trieb, der immer einige Morde nach einem Muster beging und dann, sobald jemand dafür verhaftet wurde seinen Modus operandi wechselte. Darum hatte sie diese Falle organisiert. Der einzige Mensch auf dem Friedhof, der nicht eingeweiht war, war Kane selbst. Diane hatte sich schon öfter den Hintern versohlen lassen, um Verdächtige zu analysieren. Allerdings verlor Diane sich immer in ihren Erinnerungen und der kühle Verstand der Jägerin musste die Reaktion der Verdächtigen analysieren.

Und so narzistisch und gefühllos Kane war, er war mit Sicherheit nicht der unbekannte Täter, so viel stand fest. Er war zu begierig seinen Triumpf zu zeigen. Diane war sich sicher gewesen, dass der Täter ein Chamäleon sein musste. Ein Mann ohne Gesicht. Aber er würde in dieser Nacht sein Gesicht zeigen und Kane würde die ihm zugedachte Rolle ebenfalls ausfüllen. 

Für Paul Unwin bedeutete der Schmerz nichts. Er begnügte sich hinter seiner Maske mit der Rolle des Zuschauers. Diane hatte ihn und alle anderen eingeweiht, um dieses Theaterstück aufzuführen und Kane zu überführen. Im Alltag wirkte Paul blass und unscheinbar hinter seinem Rivalen Kane – eine Tatsache, die er bewusst eingefädelt hatte. Kane liebte die Zurschaustellung von Macht und hatte sich als gutes Werkzeug erwiesen. Auf dem Präsentierteller hatte Paul ihm ständig neue Verdächtige und Beweise vorgelegt. Obwohl Kane gewusst hatte, dass sie unschuldig waren, hatte er nicht gezögert sie zu verurteilen. Aber auch William wäre niemals auf den Gedanken gekommen, dass in Wirklichkeit er, Paul, all diese Morde begangen hatte. 

Diane hingegen war eine Gefahr für ihn. Sie war viel zu klug und er argwöhnte, dass sie bereits jetzt wusste, dass Kane nicht der Täter war. So sehr, wie dieser seinen Gefühlen freien Lauf ließ, während er den hübschen Hintern der jungen Profilerin versohlte konnte er schließlich kaum der überlegene Kopf hinter der genialsten Mordserie der Menschheitsgeschichte sein. Dies war ihm vorbehalten. Er fühlte nichts, wenn er tötete. Keinen Reiz, keine Erregung. Er hatte einfach nur wissen wollen, ob er dazu im Stande war. 

Diane musste beseitigt werden. Sie heulte sich inzwischen die Augen aus und Kane hatte von ihr abgelassen. Sie schüttelte den Kopf. Das Signal an die Spezialeinheit, dass Kane nicht der Täter war wie Paul von den Einsatzplanungen wusste. Pauls Befürchtungen bestätigten sich. Er musste handeln! Diane flüsterte William etwas ins Ohr und er zuckte zusammen. Sein Gesicht nahm einen erregten Ausdruck an. Diane stolperte derweil in das Dunkel der Nacht hinaus.

Paul folgte ihr. Sie musste aufgehalten werden bevor sie mit jemandem sprechen konnte. Er war direkt hinter ihr als er die ruhige Stimme der Jägerin vernahm: „Der Jäger ist zum Gejagten geworden. Sagen Sie mir, Paul, sind Sie erleichtert, dass es vorbei ist? Diese Anstrengung stets verbergen zu müssen, was für ein Niemand Sie sind. Unbedeutend. Ungeliebt.“ Langsam drehte sie sich um. Früher hatte sie einen anderen Namen getragen, aber nun nannte sie sich Diane wie die römische Göttin der Jagd. Während ein Teil von ihr in Erinnerungen geschwelgt und die Kontrolle über ihren Körper übernommen hatte, hatte der analystische Verstand der Jägerin weiter die Falle gesponnen. 

Sie hatte Unwin unter Zugzwang setzen wollen. Und da er gewusst hatte, dass die Spezialeinheit abgerückt war, hatte er sich sicher gefühlt. Er wusste ganz genau, dass sonst niemand hier war und ihr zu Hilfe eilen konnte. Paul zog einen Dolch, den er in seinem Jackett verborgen hatte: „Es ist nur für Sie vorbei.“

Diane musterte mit seelenruhiger Gelassenheit die blitzende Klinge: „Kennen Sie den Witz, bei dem jemand mit einem Messer zu einer Schießerei kommt? Sie verstehen sich doch so gerne als Übermensch, Paul. Aber nun treffen Sie auf jemanden, der Ihnen weitaus überlegen ist. Mich.“ Paul lachte: „Netter Trick, aber die Spezialeinheiten sind abgerückt. Und unter dem Kleid können Sie keine Waffe versteckt haben.“ Natürlich hatte sie dafür sorgen müssen, sonst wäre Paul niemals so ein Risiko eingegangen.

„Mein Verstand ist sehr viel schärfer als ihr Dolch. Leben Sie wohl, Mr Unwin.“ Hinter ihm hob Kane seinen Arm. Die Pistole lag ruhig in seiner Hand als er den Abzug drückte. Das Projektil traf Paul in den Hinterkopf. William richtete die Waffe auf Diane.

Die Jägerin schaute ihn fast schon mitleidig an: „Glauben Sie wirklich wir würden Ihnen eine Waffe mit zwei Kugeln geben?“ Die Pistole gab leere Klickgeräusch von sich. In seiner Panik sah Kane ihren Fuß, der sich seiner Schläfe näherte viel zu spät. Ihm war schwarz vor Augen bevor er zu Boden ging. Als er wieder zu sich kam, fand er sich in einer grauen Zelle wieder. Er sah den Namen, den der vorherige Insasse in die Wand geritzt hatte und ein nie gekanntes Gefühl der Niederlage überwältigte ihn.

6 Kommentare zu „Schreibwettbewerb Halloween Geschichte 4: Jäger und Gejagte (Autorin: Fulvia)

  1. Ich habe die Geschichte sehr gerne gelesen, auch weil sie sehr anders die restlichen Beiträge zum Wettbewerb – die männliche Perspektive, die wir zunächst teilen, gibt es in den anderen Geschichten nicht oder kaum. Allerdings fand ich den Bezug zu Halloween nicht so stark ausgeprägt. Und während die Figuren und ihr Innenleben sehr plausible sind, fand ich die Handlung nicht immer ganz überzeugend. Dennoch: vielen, vielen Dank!

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  2. Das generierte Bild hat mir zu viel „50 Shades of Grey“ Vibes, aber dafür kann die Geschichte ja nichts. KI macht eben, was KI so macht. 😅

    Die Gechichte ist auf jeden Fall eine interessante Adaption. Das Original hat aber auch einfach so viele gute Stellen.

    “Artemis? Ist das nicht ein Mädchenname?“

    ———

    “Wusstet Ihr, dass Dinosaurierscheiße nach Millionen von Jahren zu Diamanten wird?“

    “Ach ja? Vielleicht sollte ich Sie dann ab jetzt in Scheiße bezahlen. Das würde wenigstens zu Ihren Leistungen passen.“

    Er beschloss, lieber den Mund zu halten. Das wäre wohl besser für seine Finanzen.

    ———

    “Und Sie hatten Recht. Artemis ist ein Frauenname. Artemis oder Diana ist die Göttin der Jagd. Doch vereinzelt wird dieser Name auch von Männern geführt. Artemis, der Jäger. Ich bin der Jäger, Mister Spiro. Denn ich habe Sie gejagt!“

    Stilistisch habe ich zwei Punkte:

    Man merkt schnell, wenn jemand über Kreise schreibt, in denen man sich sonst nicht bewegt.

    Und wir sehen hier schön, was passiert, wenn jemand unironisch den Bechdel-Test für ein literarisches Messwerkzeug hält anstatt für ein soziologisches. Natürlich nicht wirklich, denn der würde ja hier nicht bestanden werden, aber eben der Haltung nach.

    Inhaltlich gibt es wohl auch nicht viel zu sagen:

    Der Friedhof als Ort für eine Halloween-Geschichte ist eine absolut solide Wahl und ein „Eyes Wide Shut“-mäßiger Maskenball dort wäre zwar sicher sehr auffällig, aber als Setting für eine kürzere Geschichte total in Ordnung und die Idee war durchaus erheiternd. Für meinen Geschmack dann doch zu wenig Anspielungen auf die klassische Vorlage der Traum-Novelle, aber ich werd‘s keinem verraten.

    Da die Geschichte offenbar in den USA spielt, wo Fraternities und Sorrorities traditionell mit großen, verzierten Paddlen für ihre Initiationen arbeiten, hat die Wahl des Gürtels als Implement dann doch überrascht, ist aber vermutlich auf den ersten Punkt zurückzuführen. Allerdings ist das auch keine Entscheidung, die die Geschichte schlecht macht. Und ausgeglichen wurde es ohnehin durch die Idee, dass die Profilerin Spanking zur Analyse von Verdächtigen nutzt.

    Und am Ende kann ich nicht aufhören, mir vorzustellen, wie die Einsatzbesprechung abgelaufen ist. 😂

    Im Ergebnis von der komödiantisch überzogenen Prämisse am Anfang bis hin zum doppelten und dreifachen Gotcha!“-Twist am Ende eine sehr unterhaltsame Geschichte.

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    1. Ich muss gestehen, dass ich den Punkt mit dem Bechdel-Test nicht komplett verstehe.

      Ich finde durchaus, dass Literatur divers, inklusiv und feministisch sein sollte, da Sprache beeinflusst wie wir die Wirklichkeit sehen. Letztlich sind alle Männer in der Geschichte austauschbare Marionetten und Diane die, sicherlich überzeichnete, allmächtige Strippenzieherin. Und auch wenn sie tatsächlich die einzige Frauenrolle ist, war diese Umkehrung der Machtverhältnisse bewusst so gewählt. Oder war etwas anderes gemeint?

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      1. Der Bechdel-Test (der sowieso viel mehr ernst genommen wird als seine erstellerin selbst ihn gemeint hat) sagt ja aus, dass zwei Frauen miteinander sprechen sollen und dass es dabei nicht um Männer gehen soll. Daher hat diese Geschichte den Test nach den Maßstäben nicht bestanden.

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  3. Nachdem nun auch mein Name bei der Geschichte steht, euch beiden auch nochmal vielen Dank für die lieben Rückmeldungen.

    Das Vorbild für Kane ist Patrick Bateman, insofern fiel es mir relativ leicht die Perspektive dieser Figur zu schreiben und das Bild erscheint mir auch passend. Eigentlich kam mir bei der Peaky Blinders Geschichte vom letzten Jahr die Idee, dass es spannend wäre, wenn jemand sich versohlen lässt, um sein Gegenüber psychopathologisch zu analysieren. In der ursprünglichen Version ist Kane der Täter, die ist etwas plausibler und erhält sogar eine Einsatzbesprechung. Aber dann wollte ich lieber einen unscheinbaren Täter und fand die Idee toll, dass Kane am Ende in der Zelle des Mannes landet, den er unschuldig verurteilt hat. Aber ja, dadurch ist die Handlung dann etwas abgedreht geworden (Erwähnte ich Monty Python zu mögen?).

    Artemis Fowl, oh wie habe ich die Bücher geliebt, aber tatsächlich hatte ich die beim Schreiben gar nicht im Kopf. Ich wollte einfach gerne eine Geschichte, die die üblichen Machtverhältnisse umkehrt. Ich glaube, da muss man keine literarischen oder soziologischen Konstrukte bemühen, ich mag einfach keine dominanten Männer und habe es beim Schreiben sehr genossen Kane wie einen Ochsen am Nasenring vorzuführen. Ein Paddle hätte sicher vom Setting besser gepasst, ist für mich aber ein Instrument, mit dem man wenige, sehr heftige Hiebe verteilt und das hat für mich nicht zu Dianes tranceähnlichem Zustand gepasst.

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