44. Hoher Besuch (Der Privatlehrer)

Alice musterte sie kritisch. “Ich dachte, wir wollten nicht mehr ganz so dekadent und verschwenderisch leben.”  “Wer hat das denn behauptet?”, erwiderte Josephine prompt. Na schön, als John vor einigen Tagen einen Blick in ihre eher schlecht als recht geführten Bücher geworfen hatte, war er fast vom Stuhl gefallen und hatte ihr auf der Stelle befohlen, sich mit dem Geld ausgeben zurückzuhalten, bis er das Chaos zumindest im Ansatz auseinandergedröselt hatte.

43. Sommerabend in der Champagne (Der Privatlehrer)

Natalie saß auf dem Bett, erhaben und schön wie immer und blickte ihr stumm entgegen, ein Buch in der Hand. Sie hatte sich früher von der Feierlichkeit zurückgezogen. Das machte sie häufig, denn sie konnte die Annäherungsversuche sturzbetrunkener, lallender Männer nunmal nicht sonderlich ausstehen. Jemanden mit seinem Charme um den Finger zu wickeln, war die eine Sache, hatte sie Lottie mal erklärt. Aber um von einem Betrunkenen abgeschleppt zu werden, bedurfte es weder Charme noch Schönheit. 

42. Zurück zu Altbewährtem (Der Privatlehrer)

Josephine eilte nun zu den beiden Männern und setzte direkt wieder eine freundliche Miene auf. Wie schnell sie ihre Mimik ändern konnte, wirkte auf John schon beinahe ein wenig unheimlich. Zum Glück kannte er sie in- und auswendig und wusste, dass ihre unfreundliche Seite viel eher eine Fassade war als das niedliche Lächeln. “Docteur, sie bleiben doch über Nacht, nicht? Es ist schon spät geworden, wir werden Ihnen rasch ein Dinner bereiten lassen.” John stellte nicht ohne Stolz fest, dass sie schon von “ihnen” sprach und nicht alleine von sich. Er griff nach Josephines Hand und sie drückte im Gegenzug seine, warf ihm einen liebevollen Seitenblick zu.

41. Unerwarteter Abschied (Der Privatlehrer)

Finnegan starrte die Zeilen vor sich an, als würden sie sich dadurch plötzlich verändern. Taten sie aber nicht. Er hielt tatsächlich dieses Telegramm, das exakt diese Worte enthielt, in den Händen. Das konnte aber doch nicht sein! Mr. Buchanan reiste mit Josephine? Ausgerechnet der Mensch, bei dem man hatte befürchten müssen, geteert und gefedert zu werden, wenn man es bloß wagte, seinen Namen zu erwähnen?

40. Wiederaufblühen (Der Privatlehrer)

"Jetzt mach aber halblang", erwiderte John schlicht. Sie musterte ihn frustriert. Seit vorhin bekam sie den Gedanken nicht mehr aus dem Kopf, dass alles wieder wie früher sein sollte… nur besser. Sie wollte Sex mit ihm, verdammt, wie sehr sie das wollte. Aber irgendwie wollte sie auch ganz klassisch von ihm den Hintern versohlt bekommen. Mehr als symbolisches Zeichen, um die Ordnung wiederherzustellen. Damit sich zwischen ihnen endlich alles wieder normal anfühlte. Sie wusste nur nicht, wie sie das anstellen sollte. Ihr Stolz würde niemals zulassen, dass sie darum bat. 

39. Annäherungen (Der Privatlehrer)

Dabei hatte sie wirklich Angst, ihren Vater zu sehen. War er überhaupt richtig ansprechbar? Sie wusste nicht, was Docteur Benin mit “die rosa Kaninchen sehen” genau hatte andeuten wollen, aber sie befürchtete einen wirren Geist. Also betrat sie nur äußerst zögerlich das Krankenzimmer. Das Bett ihres Vaters stand einsam in einem großen Raum. Josephine war sich sicher, dass nicht jedem Patienten eine derart komfortable Unterkunft geboten wurde, aber das sollte ihr nur Recht sein. Geld spielte für sie keine Rolle, wenn es um die Gesundheit ihres Vaters ging.

37. Aufbruch nach London (Der Privatlehrer)

Josephine trat nervös vor der vollgepackten Kutsche auf und ab. Vor etwa einer halben Stunde hatten sie ihren Vater in die Kutsche verfrachtet, die speziell für den Krankentransport mit einer Liege ausgestattet war. Docteur Bènin hatte ihm ein leichtes Beruhigungsmittel verabreicht und Josephine sein Gesicht mit tausend Küssen versehen. Der Doktor würde mit ihrem Vater in der Kutsche reisen, damit er im Ernstfall eingreifen konnte, sollte es ihm schlechter gehen oder er bräuchte eine Pause. Josephine würde mit Natalie in der anderen Kutsche hinterher fahren.